Weihnachtspredigt

Der Predigttext für den Heiligen Abend ist aus dem Galaterbrief,
Kapitel 4, Verse 4-7

4 Aber als die Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn. Er wurde von einer Frau geboren und war dem Gesetz unterstellt.

5 Dadurch wollte Gott alle freikaufen, die dem Gesetz unterworfen waren. Auf diese Weise wollte Gott uns als seine Kinder annehmen.

6 Weil ihr nun seine Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes

in unsere Herzen gesandt. Der ruft: »Abba, Vater«!

7 Du bist also kein Sklave mehr, sondern ein mündiges Kind.

Wenn du aber Kind bist, dann bist du auch Erbe. Dazu hat Gott dich bestimmt.

Krippe und Du

Liebe Gemeinde, 

wir sehen die Krippe, wir sehen Josef und Maria, das Christkind, wir gehen dorthin, uns zieht es buchstäblich zu diesem Bild. Aber was ist das, was uns mit der Krippe verbindet? Was bezaubert uns zu Weihnachten? Es ist etwas mehr als nur Punsch und Lichter und Geschenke. Sogar mehr als die Lieder und sowie auch „Stille Nacht!“

Was verbindet uns wirklich mit Weihnachten?

Das Christkind in der Krippe ist ein Kind Gottes. Das Christkind hat einen Futtertrog als Wiege. Eine Wiege oder ein Bettchen hatten wir alle auch.  Das Christkind ist von einer Frau geboren und das sind wir auch alle. Wir sind alle als kleine Babys auf die Welt gekommen genau, wie Jesus. 

Er war ein Kind Gottes und wuchs mit seinen Eltern Josef und Maria auf. Jesus hatte mehrere Geschwister und wie nett nach heutigen Vorstellungen seine Eltern zu den Kindern waren, wissen wir nicht. Aber in allem wusste Jesus, dass er Gott als Vater hat.

Menschen haben unterschiedlich geprägte Beziehungen zu ihren Eltern, aber Gott als „gute Eltern“ zu wissen, gibt dem Leben Stabilität und Halt. Die meisten feiern Weihnachten inmitten der Familie, aber wir wissen auch, dass die meisten Probleme, wenn solche auftreten, sich am stärksten in Familien abspielen. Für viele ist es schwer sich Gott als einen einfühlsamen, guten Vater vorzustellen, weil sie sachliche und besorgte Eltern eher als gelassene und einfühlsame hatten. Wem es aber gelingt die Verbindung zu Gott als liebende Eltern herzustellen, dem eröffnen sich neue Möglichkeiten und es verändert sich sein Lebenslauf. Geliebt zu sein ist eine existenzielle Notwendigkeit ohne die es Menschen schwer haben. Klar, Menschen können auch ohne Liebe überleben. Aber nur überleben. Für das Leben brauchen wir Liebe, die oft mehr ist als die Menschliche es geben konnte. Das verbindet uns mit der Krippe. Wir und das Jesus Kind – wir alle sind Gottes Kinder, die Gottes Liebe brauchen. Das verbindet uns auch miteinander.

Die Krippe berührt uns, weil sie unser eigener Anfang ist. Anfang unseres Seins als Gottes Kinder. Anfang unseres Seins als geliebte Menschen aus Fleisch und Blut und mit Fehlern. Jeder von uns hat die Notwendigkeit tief und bedingungslos, nur um seinetwillen geliebt zu sein und das Fehlen dieser Erfahrung ist das meistverbreitete Leid in der heutigen Gesellschaft. Menschen tun so vieles, was sie überfordert, weil sie das Gefühl nur um seinetwegen geliebt zu sein, nicht wirklich kennen. Sie versuchen die Liebe zu verdienen und werden an der Sehnsucht nach Liebe krank.

Und vielleicht würden jetzt nicht wenige sagen – natürlich muss der Mensch lernen sich richtig zu verhalten und das müssen Gott und die Eltern ihm beibringen. Mit Liebe alleine geht vieles nicht! Aber mit Mündigkeit, die durch Liebe entsteht! – lesen wir aus dem Bibeltext.

Wer ist ein mündiger Mensch. Oft wird das falsch verstanden und Menschen betonen – wenn ich alles in meinem Leben selbst entscheide und bestimme, dann bin ich mündig. Also – wer in seinem Leben weiterhin als Erwachsener betont, dass er doch selbst Entscheidungen treffen kann, ist noch immer kein mündiger Mensch, sondern ein kleines Kind, das nach Selbstbestimmung kämpft. Ein mündiger Mensch, oder wie die Bibel sagt, ein mündiges Kind, trägt Verantwortung für sein Leben und, besonders wichtig, für seine Beziehungen. Ein mündiges Kind spürt und sieht seine innigsten Bedürfnisse und hat die bedingungslose Liebe Gottes zu sich selbst. Die Kindschaft Gottes ist die erste, stärkste Kraft in ihm. Ein mündiger Mensch ist sich seiner Verantwortung bewusst. Verantwortung für sein eigenes Leben und für die Fähigkeit warme, lebendige, gesunde Beziehungen zu gestalten. 

Gott stellt zu Weihnachten die Nähe mit uns her. Er kommt zu uns. Zu den einfachen Menschen um in die warme, nahe, liebevolle Beziehung mit uns zu treten. Und das macht dieses Fest so bezaubernd. Das wissen wir - kalte, distanzierte, selbstbezogene Beziehung macht Menschen vielleicht erfolgreich, aber nicht glücklich. Auch, wenn sie gut und reibungslos verläuft oder von außen schön ausschaut. Geliebt zu werden ist die absolute Notwendigkeit und sie ist nicht äußerlich machbar. Das ist die Fähigkeit der Seele, mit der Babys auf die Welt kommen, aber die oft später verloren geht, wenn Menschen zwar erwachsen, aber nicht mündig werden.

Verbindung mit der Krippe wieder herzustellen, mit der Fähigkeit zu lieben, wie ein kleines Kind es tut, ist das echte Weihnachtswunder. Wenn wir wollen, dass Weihnachten geschieht, müssen wir uns von der distanzierten Beobachterposition verabschieden und in die Krippe tief hineinbeugen um aus dieser Position uns selbst und die Welt sehen zu lernen. Das Kind in der Krippe weiß: Ich muss Liebe nicht verdienen oder die Welt mir freundlich stimmen. Liebe ist für mich immer da - ich bin ein Kind Gottes. So ist Jesus. So bist auch DU! Amen.

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